NEWSLETTER: Die Weiblichkeit in der Raumfahrt und warum wir alle Astronauten sind.

Simones neue Kunstinstallation:
„Tod@s somos Astronautas“

Nach unseren Recherchen ist Simone einer der wenigen Künstlerinnen (weltweit, wirklich), die sich mit dem Thema „Die Rolle der Frau in der Astronautik“ so spezifisch, gegenwartsbezogen und umfangreich auf kreative Weise auseinandersetzt.

Nun stellt sie mit ihrer neuesten Installation innerhalb ihrer Konzeptausstellung „Houston, we have a problem“ neben der zentralen Frage nach der Unterrepräsentation der Frau in der Astronautik auf künstlerische Art zwei sehr unterschiedliche weitere Fragen:

1.) Wo bleibt die Weiblichkeit beim Aufstieg der Frauen, nein, nicht nur in den Weltraum im Speziellen, sondern in Männerdomänen im Allgemeinen?
Und 2.) sind wir nicht seit jeher alle Astronauten?
 
 

Formal besteht die Rauminstallation aus 69 frei schwebenden, nicht ganz lebensgroßen Frauenfiguren aus Wellpappe. Die Zahl orientiert sich an den bis März 2023 ins Weltall geflogenen Astronautinnen – gegenüber den rund 600 männlichen Astronauten bisher – und soll laufend erweitert werden (aktuell sehen einige weitere Raumfahrerinnen ihrem Einsatz entgegen). Ein Gutteil der Installation ist bereits fertiggestellt.

Frei im Raum schwebende poppige Figuren

Die Darstellung der Astronautinnen hier aber entspricht – wie schon teilweise in der bestehenden Ausstellung – keineswegs dem Bild von rationalen, sich in der bierernsten Domäne der Männerwelt hochgearbeiteter Wissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen.

Im Gegenteil: Sie sind Frauen „wie du und ich“. Weiblich selbstbewusst. Mit Kurven, Kanten, Charakter – mitunter gar sinnlich, mitunter gar mit Falten und grauen Haaren. Ihre Vorbilder sind Damen, die in Live-Sessions Modell standen, die aber anhand ihrer Eigenarten, ihres So-Seins ausgewählt wurden.

Müssen Frauen zu Männern werden, um sich zu behaupten?

Ihre Posen sind natürlich oder klassisch, mit Anleihen an Bilder der Alten Meister der Kunstgeschichte. Jedoch immer klar weiblich. Sie sind unspektakulär fraulich, meist sitzend, oft halb liegend, mit einer Bewegung oder einem körperlichen Dreh, nicht drapiert oder künstlich, als Akt oder bekleidet. Mit einem markanten Ausdruck des Modells und seiner spezifischen Haltung.

Das mag im Widerspruch der Selbstwahrnehmung der in Wissenschaft, Technik, Wirtschaft, Politik und Administration ihren Mann stehenden Frauen stehen. Doch muss man als Frau wirklich die Weiblichkeit ablegen und gewissermaßen zu einem geschlechtslosen Wesen werden, um in die höheren Sphären dieser bisher von Männern dominierten Bereiche vorzudringen (und in die des Weltalls)?

Und ist solch eine frauliche Darstellung im Kontext von Wissenschaft, Emanzipation und hochprofessionellem Umfeld überhaupt legitim? Gibt es einen Feminismus der „normalen“ Frauen hier und einen der – im besten Sinn des Wortes – Karrierefrauen da?

Unbeschreiblich weiblich

Als Künstlerin darf Simone diese Gratwanderung wagen. Ja sie muss sie wagen. Einerseits, weil dieser Widerspruch, diese wichtige Nuancierung innerhalb des Themenbereichs „Selbstbild der Frau und Selbstzensur der Weiblichkeit in der Wissenschaft“ thematisiert werden will. Andererseits, …

… und damit wechseln wir wieder zu dieser ganz anderen Message, weil wir letztlich alle Astronautinnen und Astronauten sind. Denn das ist die zweite große Botschaft von Simones Konzeptausstellung „Houston, we have a problem“ neben der Frauenfrage.

Die Erde ist unser Raumschiff

Die neue, zusätzliche Installation „Tod@s somos astronautas“ („Wir sind @lle Astronauten“) illustriert anhand des Normalseins und der Universalität der abgebildeten Figuren, dass es nicht der Raumfahrt bedarf, um durch den Weltraum zu gleiten:

Auf unserer galaktischen Arche namens Erde sind wir alle Reisende durch Raum und Zeit. Unser Blauer Planet ist das Raumschiff, das uns sicher durch unser Sonnensystem, durch die Milchstraße und den grenzenlosen Kosmos trägt. Zumindest, solange wir es nicht wie einst die Titanic durch Realitätsverweigerung selbst versenken.

Rauminstallation „Tod@s somos astronautas“

  • 69 konturgeschnittene Figuren aus mehrfach verklebter Wellpappe
  • Raumbedarf ca. 10 × 6 m, Dimensionen je Figur ca. 0,5 × 1,5 m
  • Aufgehängt mit Nylonschnüren
  • Vorderseitig meist mit den Frauenbildnissen oder auch unicolor mit und ohne Texten
  • Rückseiten unicolor, teilweise mit Texten
  • Verschiedene Techniken (Acryl, Collagen, Schriftschablonen)
  • Kräftige, kontrastierende Farbgebung und poppige Ausarbeitung
  • Teilweise comicartig mit Sprech- und Gedankenblasen
  • Die Rauminstallation ist (durch Gestaltung von Durchgängen beim Aufhängen) begehbar

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